Fünf Gesänge nach Texten von Ernst Barlach
„Der Geistkämpfer ist eine Auftragskomposition der Mecklenburgischen Staatskapelle Schwerin und ihres Chefdirigenten Daniel Huppert. Mir fiel als Thema sofort Ernst Barlachs Dichten und Denken ein. Eine Auswahl aus seinen Dramen und seiner Prosa ergab als Grundthema die Suche nach Gott, die auf verhalten-norddeutsche Weise zur Unio mystica und zur Coincidentia oppositorum führt.“
Wir reiten, wir reiten, wir halten nicht Rast,
wir reiten auf schnaubenden Stunden.
Wir leben und leiden „Zum Ziel, zum Ziel!“
Erst sind wir des Laufes entbunden
Der rasenden Stunden im wilden Gewühl.
Wir lebensvertrauten Genossen,
wir reiten zusammen zur Todesrast
auf nimmer ermüdenden Rossen.
Wir reiten, wir reiten zur Todesrast.
Ich schäme mich von Gott zu sprechen.
Das Wort ist zu groß für meinen Mund.
Dass er nicht zu begreifen, das ist all mein Wissen von ihm.
Ich schäme mich. Das Wort ist zu groß, nicht zu begreifen.
Meine Augen, das waren zwei Spinnen,
die saßen im Netz ihrer Höhlen
und fingen die Bilder der Welt, die hineinfielen,
Fingen sie und genossen ihre Süße und Lust.
Aber je mehr kamen, umso mehr wurden ihrer.
Die waren saftig von Bitterkeit und fett von Grässlichkeit.
Und endlich ertrugen die Augen nicht mehr solche Bitterkeiten.
Da haben sie den Eingang zugewoben,
saßen drinnen, hungerten lieber und starben.
Wie könnte ich mit Worten sagen,
was meine Augen geblendet hat:
klingendes Licht, sichtbar meinen Augen, hörbar meinen Ohren.
Da stehen die Gestalten der besseren Zukunft in herrlicher Schönheit,
noch starr, noch schlafend.
Aber wer sie weckte, der schüfe der Welt ein besseres Gesicht.
Gott hat keine Gestalt, kann keine Worte machen.
Nur Glut ist Gott, und alles entstürzt ihm,
und alles kehrt in den Abgrund seiner Glut zurück.
Auch ich fahre dahin woraus ich hervorgestürzt bin.
Nur Glut und Abgrund ist Gott, –
Schon sink´ ich ihm zu.
Er ist ich, ich bin er.
Er mit meiner Niedrigkeit,
Ich mit seiner Herrlichkeit,
ein einziges Eins.
Der tanzende Klang, das immergleiche Neue,
der ewige Gesang.
Ich sehe wie´s klingt,
ich höre wie´s schwingt,
das Ende wiegt den Anfang in den Armen.
Schwere schleicht auf leichten Füßen,
hört ein Wort und wirft den Schwall
der ewig leichten Herrlichkeit ans Herz.
Es spielen Wort und Welle,
Heben heilige Gewalten auf und nieder.
Die ewige Herrlichkeit steht auf und vergeht.
Die ewige Heiligkeit rauscht und entsteht.
Es schwillt, es droht,
es dröhnt, es schweigt.