Nach Gedichten von Paul Celan, Hilde Domin, Sergei Jessenin, Friedrich Hölderlin, Ossip Mandelstam und Johann Wolfgang von Goethe.
I. Vorspiel
II. Hosianna (Paul Celan)
III. Psalm (Paul Celan)
IV. Bitte (Hilde Domin)
V. Wir entfernen uns (Sergej Jessenin – Paul Celan)
VI. Die Muschel (Ossip Mandelstam – Paul Celan)
VII. Selbdritt, Selbviert (Paul Celan)
VIII. Die Perle (Johann Wolfgang Goethe)
IX. Das Schönste (Johann Wolfgang Goethe)
X. Nachspiel
„Die Auswahl der Texte folgt der Idee einer Entwicklung des lyrischen Ichs von der Traumatisierung über allmähliche Genesung bis zum Humor und zur Liebe:
I. Vorspiel
II. Die verstörte Seele in Gottferne
III. Lobgesang an den Niemandgott
IV. Gebet um Selbstfindung
V. Abschied und Liebe
VI. Bitte um neue Heiterkeit
VII. Einbindung in die Ordnung der Natur
VIII. Humorvolle Erhebung
IX. Heiteres Begeistern
X. Humoreske Freiheit
XI. Nachspiel“
Solistin: Nadine Weißmann (Mezzosopran)
Staatskapelle Weimar, Dirigent: George Alexander Albrecht
Chöre, damals die Psalmen,
Ho….hosianna.
Also stehen noch Tempel?
Ein Stern hat wohl noch Licht?
Nichts ist verloren.
Hosianna
Ho….
Niemand knetet uns wieder aus Erde und Lehm,
niemand bespricht unsern Staub. Niemand.
Gelobt seist du, Niemand,
dir zulieb wollen wir blühen.
Dir entgegen.
Ein Nichts waren wir, sind wir, werden wir bleiben, blühend:
die Nichts-, die Niemandrose.
Mit dem Griffel silberhell, dem Staubfaden himmelwärts, der Krone rot,
vom Purpurwort, das wir sangen über – O über den Dorn.
Wir werden eingetaucht und mit dem Wasser Sinntflut gewaschen.
Wir werden durchnässt bis auf die Herzhaut.
Der Wunsch nach der Landschaft diesseits der Tränengrenze taugt nicht,
der Wunsch, den Blütenfrühling auszuhalten,
der Wunsch verschont zu bleiben, taugt nicht.
Es taugt die Bitte, dass bei Sonnenaufgang die Taube den Zweig des Ölbaums bringe,
dass die Frucht so bunt wie die Blume sei,
dass noch die Blätter der Rose am Boden eine leuchtende Krone bilden,
und dass wir aus der Flut, dass wir aus der Löwengrube
und dem Feuerofen immer versehrter und immer heiler
stets von neuem zu uns selbst entlassen werden.
Wir entfernen uns, wir gehen, verlieren uns dort hin, wo Gnade ist, wo´s schweigt.
Nicht mehr lang, so muss auch ich dich schnüren, dich, mein Bündel, dich, Vergänglichkeit.
Birken ihr, ihr steht, steht beieinander;
Erde du, und Sand du, Sand weithin.
All die Scharen! Alle, die da wandern!
Harm und Gram und Kummer, der ich bin!
Diese Welt, sie war der Seele teuer. Hülle gab sie ihr, Gesicht und Kleid.
Friede Euch, ihr Espen! Euch und Eurem Flut und Wasser schauenden Gezweig!
Manchem dacht´ ich nach, da nichts sich regte, manches hab ich mir zum Leid gefügt.
Erde, dass ich war und lebte, dass ich atmen durfte, – es genügt.
Froh bin ich der Münder, ja der vielen; froh der Gräser, wo ich wühlt´ und wühlt,
froh, dass ich ein Bruder von den Tieren, froh, dass keins je meinen Fuß gefühlt.
Kein Gehölz, dass mir ergrünt im andern, auch kein Korn dort und kein Schwanenhals.
Scharen ihr, ich sehe euch wandern, wandern,
und ein Schauder kommt mir abermals.
Flurengold, ich werde dich nicht sehen, du dunst- und duftumwebt.
Darum, Menschen, Menschen dieser Erde, lieb ich euch, die ihr hier mit mir lebt.
Ich weiß es, Nacht, ich geh dich wohl nichts an.
Aus ihr, der Weltennacht, geschleudert, eine Muschel, hohl
lieg ich am Rande deiner Bucht.
Du Unbeteiligte, die rollst dein Meer,
du hörst nicht, singst, singst fort;
doch sie, die leer und unnütz ist, du sollst sie lieben, deine Muschel dort.
Im Sand, da lieg ich; dein Gewand schlägst du um sie, die zu dir schlüpft,
die große Glocke Dünung, an Euch beide hast du sie geknüpft;
die Wände brüchig, dieses Haus in unbewohnt, wie´s Herzen sind.
Du füllst´s mit Schaumgeflüster auf, mit Regen, Nebelschwaden, Wind.
Krauseminze, Minze, krause,
vor dem Haus hier, vor dem Hause.
Diese Stunde, deine Stunde,
ihr Gespräch mit meinem Munde.
Mit dem Mund, mit seinem Schweigen,
mit den Worten, die sich weigern.
Mit dem Weiten, mit dem Engen,
mit den nahen Untergängen.
Mit mir einem, mit uns dreien,
halb gebunden, halb im Freien.
Krauseminze, Minze, krause,
vor dem Haus hier, vor dem Hause
Vom Himmel sank in wilder Meere Schauer
ein Tropfe bangend, grässlich schlug die Flut;
doch lohnte Gott bescheidnen Glaubensmut
und gab dem Tropfen Kraft und Dauer.
Ihn schloss die Stille Muschel ein
Und nun, zu ewgem Ruhm und Lohne,
die Perle glänzt an unseres Kaisers Krone
mit holdem Blich und mildem Schein.
Das Wort ist ein Fächer!
Zwischen den Stäben
blicken ein Paar schöne Augen hervor.
Der Fächer ist nur ein lieblicher Flor;
er verdeckt mir zwar das Gesicht,
aber das Mädchen verbirgt er nicht,
weil das Schönste, was sie besitzt,
das Auge mir ins Auge blitzt.